Grenzgänger-Streit: Arbeitsgericht gibt Michelin recht

Datum: 24.06.2020

In seinem heute verkündeten Urteil (Aktenzeichen: 3 Ca 15/20) hat das Arbeitsgericht Karlsruhe den Streit zwischen der Firma Michelin und einem ehemaligen Arbeitnehmer zugunsten des beklagten Reifenherstellers entschieden. Die Klage des Arbeitnehmers wurde vollumfänglich abgewiesen.

Der Kläger hatte von 2015 bis 2016 seinen Wohnsitz in Frankreich in der deutsch-französischen Grenzzone und arbeitete bei der Beklagten in Karlsruhe. Er war daher Grenzgänger i.S.d. deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommen. Der Kläger führte die Lohnsteuer für die Jahre 2015 bis 2016 in Frankreich ab. Aufgrund einer zu großen Anzahl von (mehrtägigen) Dienstreisen verlor der Kläger seine Eigenschaft als Grenzgänger. Daher forderte der deutsche Fiskus für den Zeitraum von 2015 bis 2016 Lohnsteuer vom Kläger nach. Die Parteien haben darüber gestritten, wer die nachgeforderte Lohnsteuer für die Jahre 2015 bis 2016 zu tragen hat.

Das Arbeitsgericht Karlsruhe hat entschieden, dass der Kläger als Arbeitnehmer die nachgeforderte Lohnsteuer für die Jahre 2015 bis 2016 zu tragen hat. Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer, es sei denn es liegt ein klar erkennbarer Wille des Arbeitgebers vor, die Lohnsteuer für den Arbeitnehmer zu übernehmen. Aus Sicht des Gerichts konnte der Kläger nicht nachweisen, dass die Beklagte den Rechtsbindungswillen hatte, die nachgeforderte Lohnsteuer für die Jahre 2015 bis 2016 vollständig für den Kläger zu übernehmen. Die im Interesse der Beklagten durchgeführten Dienstreisen in den Jahren 2015 und 2016 konnten eine solche vollständige Haftungsübernahme zugunsten des Klägers nicht begründen. Der Kläger war frei darin, wie er seine Dienstreisen plante und organisierte. Es hätte dem Kläger oblegen, dafür Sorge zu tragen, dass er die Bestimmungen aus dem Doppelbesteuerungsabkommen hinsichtlich seiner Grenzgängereigenschaft einhält, was ihm auch möglich gewesen wäre. Auch hinsichtlich einer vom Kläger behaupteten Äußerung einer Referentin auf einer internen Veranstaltung bei der Beklagten, wonach Nachforderungen von Lohnsteuer für die Vergangenheit aufgrund des Verlusts der Grenzgängereigenschaft „Arbeitgeberproblematik“ seien, konnte das Gericht keinen klar erkennbaren Willen der Beklagten feststellen, die nachgeforderte Lohnsteuer für den Kläger zu übernehmen. Zum damaligen Zeitpunkte hatte die Beklagte noch keine Kenntnis, ob und ggf. in welcher Höhe Lohnsteuer wegen des Verlusts der Grenzgängereigenschaft durch die deutschen Finanzbehörden nachgefordert werden würde. Schließlich konnte das Gericht nicht feststellen, dass die damalige Referentin mit Wissen und Wollen im Verhältnis zur Beklagten gehandelt hätte.

Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.