Keine Einigung im Kündigungsrechtsstreit mit Daimler Betriebsratsmitglied

Datum: 26.03.2015

Der heutige Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe zwischen einem Betriebsratsmitglied des Werkes Rastatt und der Daimler AG brachte keine Einigung. Der Kläger wehrt sich gegen eine fristlose, mit Zustimmung des Betriebsrates ausgesprochene Kündigung seines Arbeitsverhältnisses vom 19.02.2015. Beim Arbeitsgericht Karlsruhe anhängig sind bereits drei Beschlussverfahren, in denen Arbeitgeber, IG Metall und der Betriebsrat des Rastatter Werkes den Ausschluss des hiesigen Klägers aus dem Betriebsrat beantragt haben. Diese Verfahren ruhen aufgrund des Kündigungsschutzverfahrens. Hintergrund der Amtsenthebungsverfahren sind Äußerungen des Klägers auf seiner Facebook-Seite zu dem Attentat auf die Redaktion der Zeitschrift Charlie Hebdo in Paris am 07.01.2015.

Die Arbeitgeberseite hat bekräftigt, die Kündigung habe nichts mit den Vorwürfen im Rahmen des Amtsenthebungsverfahrens zu tun. Sie beruhe vielmehr auf massivem systematischen Arbeitszeitbetrug des Klägers seit Herbst des vergangenen Jahres in nahezu 50 Einzelfällen sowie auf schwerwiegenden Beleidigungen von Arbeitskollegen im Rahmen einer Betriebsratssitzung am 14.01.2015.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wollte sich aufgrund der Vielzahl der Sachverhalte zu dem Vorwurf des Arbeitszeitbetruges nicht äußern, hier müssten sämtliche gerügten Tage detailliert aufgearbeitet werden. Was den Vorwurf der Beleidigung von Kollegen anbelangt, so müsse der Gesamtzusammenhang der Betriebsratssitzung vom 14.01.2015 betrachtet werden. Das punktuelle Herausgreifen etwaiger einzelner Äußerungen helfe hier nicht weiter.

Der Vorsitzende Richter hat in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen, ob - die Berechtigung der Vorwürfe unterstellt - es sich tatsächlich um arbeitsvertragliche oder gegebenenfalls hiervon zu trennende betriebsverfassungsrechtliche Pflichtverletzungen des Klägers handelt und ob letztere auf die arbeitsvertragliche Ebene durchschlagen könnten. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat darauf verwiesen, dass eine Trennung beider Bereiche nicht möglich sei. Beleidigungen von Kollegen beinhalteten, ebenso wie hier nicht vorliegende Tätlichkeiten, immer auch einen massiven Arbeitspflichtverstoß.

Der Vorsitzende hat weiter darauf verwiesen, dass, soweit die Kündigung auch auf den Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzungen des Klägers gestützt wird, die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung ist. Hier könnten sich Probleme daraus ergeben, dass eine mündliche Anhörung des Klägers zu den Arbeitszeitbetrugsvorwürfen am 10.02.2015 erfolgt ist, dem Kläger zwar wie von ihm gewünscht Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben wurde, die Frist hierzu aber bereits am 11.02.2015 um 6:30 Uhr geendet hat. Diese Zeitspanne betrachtet der Prozessbevollmächtigte des Klägers als unangemessen kurz, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat die Auffassung vertreten, dem Kläger hätte die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme gar nicht eingeräumt werden müssen, die mündliche Anhörung sei ausreichend gewesen.

Zur rechtlichen Beurteilung hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass sowohl ein mehrfacher Arbeitszeitbetrug wie auch die schwerwiegende Beleidigung von Arbeitskollegen grundsätzlich den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigen können, die genauen Umstände der einzelnen Vorwürfe jedoch noch eruiert werden müssten. Das Ergebnis des Verfahrens sei daher derzeit offen.

Ihm Rahmen der Erörterung gütlicher Einigungsmöglichkeiten kam zur Sprache, dass der Kläger vor Ausspruch der Kündigung angeboten hat, seinerseits sofort das Arbeitsverhältnis zu kündigen und aus dem Betrieb auszuscheiden, wenn die Beklagte einen sechsstelligen Betrag an eine gemeinnützige Einrichtung spenden würde. Dieser eher ungewöhnliche Vorschlag sei, so der Kläger, vom Werk Rastatt zunächst positiv entgegengenommen worden, nach Rücksprache mit der Konzernzentrale in Stuttgart sei man diesem Vorschlag nicht nähergetreten. Die Arbeitgeberin könnte sich eine gütliche Einigung im Rahmen üblicher arbeitsrechtlicher Gegebenheiten, d.h. Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Sozialabfindung an den Kläger, vorstellen. Hieran hat der Kläger bislang kein Interesse. Er hat darauf verwiesen, dass er sehr wohl einen Zusammenhang zwischen den Amtsenthebungsverfahren und dem Ausspruch der Kündigung sehe, dass sich aber die Situation im Werk Rastatt beruhigt habe, so dass er eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anstrebt. Der Vorsitzende hat angeregt, dass die Parteien im Gespräch bleiben sollten hinsichtlich einer gütlichen Lösung, gerade auch auf dem Hintergrund, dass der Kläger wohl den Beginn eines Universitätsstudiums anstrebt.

Sollte eine Einigung bis dahin nicht zustande gekommen sein, wird der Kündigungsrechtsstreit am 15.09.2015 vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe fortgesetzt.

 
Silke Altmann
Richterin am Arbeitsgericht / Pressesprecherin

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