In seinem heute verkündeten Urteil (Aktenzeichen: 3 Ca 15/20) hat das Arbeitsgericht Karlsruhe den Streit zwischen der Firma Michelin und einem ehemaligen Arbeitnehmer zugunsten des beklagten Reifenherstellers entschieden. Die Klage des Arbeitnehmers wurde vollumfänglich abgewiesen.
Der Kläger hatte von 2015 bis 2016 seinen Wohnsitz in Frankreich in der deutsch-französischen Grenzzone und arbeitete bei der Beklagten in Karlsruhe. Er war daher Grenzgänger i.S.d. deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommen. Der Kläger führte die Lohnsteuer für die Jahre 2015 bis 2016 in Frankreich ab. Aufgrund einer zu großen Anzahl von (mehrtägigen) Dienstreisen verlor der Kläger seine Eigenschaft als Grenzgänger. Daher forderte der deutsche Fiskus für den Zeitraum von 2015 bis 2016 Lohnsteuer vom Kläger nach. Die Parteien haben darüber gestritten, wer die nachgeforderte Lohnsteuer für die Jahre 2015 bis 2016 zu tragen hat.
Das Arbeitsgericht Karlsruhe hat entschieden, dass der Kläger als Arbeitnehmer die nachgeforderte Lohnsteuer für die Jahre
2015 bis 2016 zu tragen hat. Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer, es sei denn es liegt ein klar erkennbarer
Wille des Arbeitgebers vor, die Lohnsteuer für den Arbeitnehmer zu übernehmen. Aus Sicht des Gerichts konnte der Kläger
nicht nachweisen, dass die Beklagte den Rechtsbindungswillen hatte, die nachgeforderte Lohnsteuer für die Jahre 2015 bis 2016
vollständig für den Kläger zu übernehmen. Die im Interesse der Beklagten durchgeführten Dienstreisen in den Jahren
2015 und 2016 konnten eine solche vollständige Haftungsübernahme zugunsten des Klägers nicht begründen. Der Kläger
war frei darin, wie er seine Dienstreisen plante und organisierte. Es hätte dem Kläger oblegen, dafür Sorge zu tragen, dass
er die Bestimmungen aus dem Doppelbesteuerungsabkommen hinsichtlich seiner Grenzgängereigenschaft einhält, was ihm auch
möglich gewesen wäre. Auch hinsichtlich einer vom Kläger behaupteten Äußerung einer Referentin auf einer internen
Veranstaltung bei der Beklagten, wonach Nachforderungen von Lohnsteuer für die Vergangenheit aufgrund des Verlusts der
Grenzgängereigenschaft „Arbeitgeberproblematik“ seien, konnte das Gericht keinen klar erkennbaren Willen der Beklagten
feststellen, die nachgeforderte Lohnsteuer für den Kläger zu übernehmen. Zum damaligen Zeitpunkte hatte die Beklagte noch
keine Kenntnis, ob und ggf. in welcher Höhe Lohnsteuer wegen des Verlusts der Grenzgängereigenschaft durch die deutschen
Finanzbehörden nachgefordert werden würde. Schließlich konnte das Gericht nicht feststellen, dass die damalige Referentin
mit Wissen und Wollen im Verhältnis zur Beklagten gehandelt hätte.